irgendwann ist land in sicht – dann sollte man wissen, was man dort macht!

Barcolana

Wenn man am 2. Sonntag im Oktober in Triest ist, muss man sich die Barcolana anschauen. Am Besten kommt man auf eigenem Kiel und segelt gleich bei der Barcolana mit. Denn die Barcolana ist die größte Regatta der Welt und praktisch jeder kann daran teilnehmen – ein beeindruckendes Erlebnis.
Infor­ma­tio­nen zur Barcolana 

Barcolana 54 Plakat

Barcolana

Regat­ta im Golf von Tri­est
Ter­min: Jeden 2. Sonn­tag im Oktober

Wenn im Som­mer Pla­kat, Crew-Polo und das Pro­gramm der Bar­co­l­a­na vor­ge­stellt wer­den, ist es soweit: Tri­est berei­tet sich auf das wich­tigs­te Event das Jah­res vor. Wie jedes Jahr seit 1969 wird am 2. Sonn­tag im Okto­ber um 10.30h der Start­schuss zur (inzwi­schen) größ­ten Regat­ta der Welt abge­feu­ert und bis zu 2.862 Schif­fe und 17.000 Seg­ler machen sich gleich­zei­tig auf den Weg. Die Regat­ta ist der Höhe­punkt und das Fina­le eines groß­ar­ti­gen Fes­tes, das Tri­est 9 Tage lang zur Welt­haupt­stadt des Segel­sports macht. Bis zu 300.000 Segel­be­geis­ter­te besu­chen Tri­est, um dabei zu sein.

Die Stadt wird her­aus­ge­putzt, jeder auch noch so klei­ne Was­ser­lie­ge­platz ist belegt, die Maxi­yach­ten troh­nen stolz vor dem Haupt­platz und es gibt unzäh­li­ge Ver­an­stal­tun­gen. Allei­ne von offi­zi­el­ler Sei­te mehr als 80. Das geht von der Opt­i­re­gat­ta Bar­co­l­a­na Young, über das Wett­schwim­men Bar­co­l­a­na Nuo­ta, die Regat­ta für Old­ti­mer­boo­te Bar­co­l­a­na Clas­sic bis zum Start der Bar­co­l­a­na selbst am Sonn­tag um halb elf. Neben dem Fei­ern — das kuli­na­ri­sche Ange­bot ist übri­gens sen­sa­tio­nell —  wird auch über The­men wie Umwelt­schutz, Kli­ma­wan­del und die Zukunft des Mee­res und sei­ner Bewoh­ner dis­ku­tiert. Tri­est ist ja nicht nur die Stadt der Win­de son­dern auch die Stadt der Wissenschaft.

Als am 12. Okto­ber 1968 etwa 50 Yach­ten bei durch­aus for­dern­den Wind­be­din­gun­gen bei der ers­ten Bar­co­l­a­na um den Herbst­cup, den “Cop­pa d’Au­tun­no Bar­co­l­a­na” segel­ten, war ihnen nicht bewußt, dass gera­de eine Legen­de gebo­ren wur­de. Die Regat­ta geht auf einen Initia­ti­ve von vier Mit­glie­dern des Yacht­clubs “Socie­tà Veli­ca di Bar­co­la e Grigna­no”, der im nörd­li­chen Stadt­teil Bar­co­la von Tri­est liegt, zurück. Die Idee war, die Segel­sai­son mit einer Regat­ta für alle Seg­ler abzu­schlie­ßen. Der 2. Sonn­tag im Okto­ber war im Regat­ta­ka­len­der noch frei und seit 1968 wird an die­sem Ter­min die Regat­ta gestar­tet. “Hast du ein Boot? Hast du ein Segel? Dann kannst du an der Bar­co­l­a­na teil­neh­men!”, das war von Anfang an das Motto.

2018, zum 50. Jubi­lä­um, gin­gen 2.862 Yach­ten an den Start und seit­her trägt die Bar­co­l­a­na auch offi­zi­ell den Titel der größ­ten Regat­ta der Welt. Längst ist die Bar­co­l­a­na kei­ne Sonn­tags-Herbst­re­gat­ta mehr son­dern ein 9‑tägiges Sege­le­vent und Volks­fest, im bes­ten Sin­ne des Wor­tes. Der Grund für die­sen Erfolg liegt wohl am Rezept der Regat­ta und ihren Zutaten. 

Am Anfang steht der “demo­kra­ti­sche” Gedan­ke. Die Bar­co­l­a­na ist eine Flot­ten­re­gat­ta, an der jeder teil­neh­men kann.  Aktu­ell ist das Star­ter­feld in 13 Klas­sen ein­ge­teilt, von der Klas­se  Maxi­yacht, län­ger als 24 Meter, bis zur Klas­se IX, kür­zer als 6.45 Meter. Man braucht ein Ein­rumpf­boot, eine Haft­pflicht­ver­si­che­rung und darf kei­nen Anker am Bug füh­ren.  Wer spä­ter als 30 Minu­ten nach dem Start die Start­li­nie pas­siert, wird nicht gewer­tet. Für ein Gros der Teil­neh­me­rIn­nen geht es nicht um den Sieg, son­dern ums Dabei­sein. Dass hier alle will­kom­men sind, deren Lei­den­schaft das Segeln ist, spie­gelt sich auch in den Start­ge­büh­ren wider. Für unse­re Hall­berg-Ras­sy 312 zah­len wir 2022 € 95,- Start­geld. Das hält sich in Gren­zen und man bekommt dazu auch noch schö­ne Geschen­ke, unter ande­ren das Pla­kat, das offi­zi­el­le Regat­ta­po­lo und eine Fla­sche Prosecco.

Von der Fami­li­en­crew bis zur Maxi­yacht mit Pro­fi­crew sind also hier alle am Start. Und da kommt das wah­re High­light der Bar­co­l­a­na ins Spiel: die Start­li­nie. Egal in wel­cher Klas­se man star­tet, alle Schif­fe star­ten ganz ein­fach gleich­zei­tig um 10.30h. Die Start­li­nie erstreckt sich über annä­hernd 2 See­mei­len süd­lich des impo­san­ten Schlos­ses Mira­ma­re. Wer jemals mit über 2.000 Segel­boo­ten unter­schied­lichs­ten Typs auf einer Start­li­nie gestan­den ist, wird die­sen unglaub­lich berüh­ren­den Moment nie ver­ges­sen. Und dann segeln alle Rich­tung Süd­west auf die ers­te Boje zu — ein unglaub­li­ches trich­ter­för­mi­ges Feld an Segeln bewegt sich auf einen ein­zi­gen Punkt zu. Das ist Eupho­rie und Wahn­sinn gleich­zei­tig. Von der ers­ten Boje geht es wie­der zurück Rich­tung Mira­ma­re und dann zur Ziel­li­nie, die direkt vor Tri­est liegt. Der Kurs ist etwa 15 See­mei­len lang. Maxi­yach­ten schaf­fen das unter einer Stun­de. Wer aller­dings 7 Sun­den nach dem Start die Ziel­li­nie pas­siert, wird nicht mehr gewer­tet. Alle fah­ren gleich­zei­tig los, und wer als ers­ter im Ziel ist, ist der Sie­ger — so ein­fach ist das hier.

Natur­ge­mäß hängt der Ver­lauf der Bar­co­l­a­na auch vom Wind ab. Und da gilt schon seit Anfang an, dass ein­fach bei jedem Wind gestar­tet wird. Das haben wir auch bei unse­ren bis­he­ri­gen Teil­nah­men erlebt. 2018, zur 50. Aus­ga­be, war ein wun­der­ba­rer Herbst­tag mit blau­em Him­mel und mode­ra­ter Bora. Ein Segel­tag wie er im Buche steht. 2019 war der Him­mel eben­falls blau und die Son­ne strahl­te vom Him­mel. Aller­dings war so gut wie kein Wind — das Feld beweg­te sich im Zeit­lu­pen­tem­po vor­an und das Ziel wur­de zur zwei­ten Boje vor­ver­legt. 2020 kün­dig­te sich eine star­ke Bora Scu­ra mit Böen von über 50 Kno­ten, star­kem Regen und Gewit­tern an. Erst­mal in ihrer Geschich­te wur­de die Bar­co­l­a­na wegen des Wet­ters abge­sagt. 2021 waren eben­falls Böen bis 50 Kno­ten ange­sagt, aber bei schö­nem Wet­ter und guter Sicht. Wir hat­ten 48 Kno­ten am Wind­an­zei­ger und dreh­ten kurz vor der Start­li­nie um. Kurz dar­auf wur­de die Regat­ta für einen Groß­teil der Klas­sen abge­sagt — es war für alle ein Teu­fels­ritt. Danach gab es eine Dis­kus­si­on dar­über, ob es ver­nünf­tig sei, bei 9 Beau­fort eine Regat­ta zu star­ten. Die Dis­kus­si­on ende­te mit der Fest­stel­lung, dass wohl jede Crew selbst wis­sen müs­se, wo ihre Gren­zen lie­gen — auch die­se Hal­tung prägt den Cha­rak­ter der Barcolana.

Wobei Dis­kus­sio­nen über den Cha­rak­ter und die Aus­prä­gung der Bar­co­l­a­na immer sehr breit dis­ku­tiert wer­den. Hier merkt man dann sehr deut­lich, dass die Bar­co­l­a­na kei­ne VIP-Ver­an­stal­tung oder Mar­ke­ting Maschi­ne ist, son­dern ein gemein­sa­mer Kraft­akt der Men­schen, die die Bar­co­l­a­na gegrün­det haben und sie lie­ben. In der per­fek­ten Orga­ni­sa­ti­on ist der demo­kra­ti­sche Ursprungs­ge­dan­ke deut­lich zu spü­ren. Und man spürt auch per­sön­lich, dass den Ver­an­stal­tern jeder ein­zel­ne Teil­neh­mer am Her­zen liegt. Hier wird alles dafür gemacht, dass die Bar­co­l­a­na für die Crews ein unver­gess­li­ches Erleb­nis wird. Und das ist bei die­sen Dimen­sio­nen schon ein Kunst­stück. Wir haben zum Bei­spiel nicht schlecht gestaunt, als wir im ver­gan­ge­nen Win­ter ein fla­ches Paket von der Bar­co­l­a­na nach Wien geschickt beka­men. Dar­in war ein schö­ner Wand­ka­len­der, als Dan­ke­schön, dass wir bei der Bar­co­l­a­na gestar­tet sind.

Die Ver­bin­dung von Segel­sport, Kunst und Kul­tur, Kuli­na­rik und Wis­sen­schaft ist der Bar­co­l­a­na ein gro­ßes Anlie­gen. Das zeigt sich immer sehr deut­lich am Pla­kat der Bar­co­l­a­na, das von der legen­dä­ren Tri­es­ti­ner Kaf­fee­rös­te­rei Illy bei­gesteu­ert wird. Jedes Jahr wird ein Künst­ler aus­ge­wählt, um dem Esprit der Bar­co­l­a­na ein Bild zu geben und wie dann die­ses Bild aus­se­hen, wird immer ein mit gro­ßer Span­nung erwarteter.

Aber die Bar­co­l­a­na ist eben nicht nur die größ­te Regat­ta der Welt, son­dern ein wun­der­schö­nes Event und es gibt zahl­rei­che Mög­lich­kei­ten, die Bar­co­l­a­na zu genie­ßen. Von einer Wein­ver­kos­tung, im soge­nann­ten Villag­gio ent­lang des Kais vor der Alt­stadt, dem Besuch einer spe­zi­el­len Aus­stel­lung oder ein­fach im pul­sie­ren­den Tri­est zu fla­nie­ren. Denn Gast­freund­schaft wird hier ganz groß geschrie­ben und das zieht zu Recht vie­le Besu­cher nach Tri­est. Beson­ders beein­dru­ckend ist dann am Sonn­tag Vor­mit­tag nicht nur das Regat­ta­feld son­dern auch das Publi­kum. Das Karst­ge­bir­ge bil­det ja sozu­sa­gen ein natür­li­ches Amphi­thea­ter um den Golf von Tri­est. Aber von der Mole direkt beim Ziel, über das Cas­tel­lo, den Leucht­turm, Aus­sichts­punk­te und Heu­ri­ge im Karst fin­det sich kein Aus­sichts­punkt auf das Regat­ta­feld, der nicht bevöl­kert ist.

So viel­fäl­tig die Bar­co­l­a­na auch ist, ein Bild ist zum Sym­bol der Bar­co­l­a­na gewor­den. Ein Meer aus wei­ßen Segeln, die alle in eine Rich­tung fah­ren.
Da gibt es die Segel, die neu designt wur­den um zu gewin­nen. Die Segel, die geflickt wur­den um teil­zu­neh­men. Und die Segel, die neu in Form gebracht wur­den, um Bes­ter zu sein.
Aber egal, ob hoch­mo­der­nes High­tech-Lami­nat oder 30 Jah­re alter aus­ge­beul­ter Dacron Lap­pen, am 2. Sonn­tag im Okto­ber heißt es um 10.30 h für alle Segel: Buon Vento!

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